1970 - Eröffnung des Ford-Werks in Saarlouis

Das Saarland, welches Jahrhunderte von Bergbau und Montanindustrie geprägt war, steckte in den 1960er Jahren erneut in einer Krise. Die Jahre waren geprägt von Grubenschließungen und die Kohleproduktion sank immer weiter. Um den Strukturwandel im Saarland voranzutreiben, setzte sich schließlich der damalige Bundeskanzler Ludwig Erhard persönlich beim Kölner Ford-Vorstand für den Standort Saarlouis ein. Am 16. September 1966 erfolgte dann die Grundsteinlegung durch den Ford-Generaldirektor Robert G. Layton.

Zwei Jahre später, 1968, konnte mit der Produktion begonnen werden, wobei die damals rund 700 Beschäftigten allerdings zunächst nur Karosserieteile für andere europäische Ford-Werke und Renault herstellten. Das erste komplette Fahrzeug, ein Ford Escort mit 1,1 l Motor und rund 40 PS, wurde am 16. Januar 1970 fertiggestellt. Der damalige Ministerpräsident Franz-Josef Röder fuhr ihn zur Feier des Tages eigenhändig vom Band. Im Juni des gleichen Jahres wurde das Werk dann in Anwesenheit von Henry Ford II., dem Enkel des Firmengründers, offiziell eingeweiht.

In den Jahren 1971 bis 1975 liefen zusätzlich zum Escort-Modell auch etwa 150.000 Einheiten des populären Ford Capri vom Saarlouiser Band. Im folgenden Jahr wurde hier zudem das allererste Exemplar eines der beliebtesten Ford-Modelle produziert: der Fiesta. Passend zum zehnjährigen Werksjubiläum lief 1980 dann bereits das zweimillionste Fahrzeug vom Band. 1989 wurde aus dem Werk ein „Just in Sequence“-Pilotwerk – ein Konzept, bei dem für jedes einzelne Modell eine genau geplante Reihenfolge in Logistik, Produktionsplanung und -steuerung erarbeitet wurde.

Über die Jahrzehnte entwickelte sich das Saarlouiser Werk zu einem hochangesehenen Produktionsstandort, was der Ford-Konzern 1990 mit der Vergabe des „Q1-Awards“ honorierte – eine Anerkennung für die herausragende Produktqualität. Ebenfalls lief im Jahr 1990 mit einem Escort der vierten Generation das fünfmillionste produzierte Auto vom Band.

1997 begannen die Bauarbeiten für den Industriepark, der das Gelände um das Ford-Werk herum erweitern sollte. Dieser Bau wurde 1998 abgeschlossen und vom damaligen Ministerpräsidenten Oskar Lafontaine im September eingeweiht. Vier Monate zuvor endete eine Ära: der letzte Escort verließ das Werk. In fast 30 Jahren waren über sechs Millionen Exemplare des Klassikers in Saarlouis produziert worden. 1998 begann schließlich die Produktion des Focus. Ebenfalls ein Modell, das zu einem Verkaufserfolg werden sollte: Bereits ein Jahr darauf wurde er zu Europas „Auto des Jahres“ gekürt.

Das 40-jährige Jubiläum wurde groß gefeiert. Mit einem Tag der Offenen Tür hatten 50.000 interessierte Besucher:innen am 12. Juni 2010 die Möglichkeit, hinter die Kulissen der Produktion zu schauen. Drei Jahre später, im Juni 2013, gab es eine weitere Premiere: der Focus Electric, das erste vollelektrische Modell von Ford in Europa und das erste reine Elektro-Auto, das in Deutschland überhaupt produziert wurde, lief in Saarlouis vom Band.

Die Erfolgsgeschichte von Ford in Saarlouis begann allerdings ab 2019 langsam zu enden. Damals kündigte das Unternehmen an, die Zahl der Schichten aus Kostengründen zu reduzieren. Im Juni 2022 gab es erneut schlechte Neuigkeiten: nach einem internen Wettbewerb um den Produktionsstandort der zukünftigen Elektromodelle entschied sich der Konzern, diese nicht wie erhofft in Saarlouis, sondern bei Ford Valencia Body & Assembly zu produzieren, wodurch die Zukunft des saarländischen Werks nach 2025 momentan ungewiss ist.